Gut gemeint ist nicht in jedem Fall gut getan.
Werte Sophorn
Deine Absicht und Deine Worte stimmen zu einem gewissen Prozentsatz, der Rest bis 100% sind noch zwei Dinge, die es auch zu bedenken gilt. Ich war jahrelang Berufsoffizier der Schweizer Armee, habe Truppen geführt und ausgebildet, habe aber auch Offiziere und Offiziersschüler ausgebildet, ich hatte immer Mitarbeiter und ich hatte immer mindestens einen Chef. Schon vorher, aber dann ernsthaft zu Beginn meiner Laufbahn, habe ich mich mit siezen, duzen und Respekt eingehend auseinander gesetzt. Mag sein, dass dadurch eine falsche Meinung entstanden ist, aber ich halte sie gegenwärtig noch für aktuell. Aus Sicht eines Arahat sind unsere beiden Meinungen falsch, das müssen wir auch erkennen.
In diesem Sinn sollen meine Worte keinenfalls als Kritik verstanden werden, obwohl sie so scharf daherkommen, als sei es Kritik. Das aber ist nicht meine Intention.
Für mich persönlich ist es immer ein sehr schwieriges Unterfangen zuzusehen, wenn man einen Bhante hier plötzlich duzt.
Bei Bhante Johann ist es noch einmal mehr neu, weil viele ihn als Freund, der einem zur Seite steht, kennen. Das hat sich nicht geändert. Jedoch hat die Etikette seinen Sinn. So sollen einerseits die Ordinierten ihre Distanz wahren und auch die Laien werden durch die Anrede aufmerksam gehalten, dass sie mit einer ordinierten Person nicht über alles Mögliche sprechen sollen.
Respekt ist doch eine innere Geisteshaltung und nicht pure Äusserlichkeiten.
Ist es möglich, jemanden Du zu sagen und in sich drin eine respektvolle Haltung einzunehmen? Meiner Meinung nach schon, absolut sogar.
Ist es möglich jemanden Du zu sagen und keine respektvolle Haltung einzunehmen? Gleiche Antwort wie vorher.
Ist es möglich, jemanden Sie zu sagen und in sich drin keine respektvolle Haltung einzunehmen? Gleiche Antwort wie vorher.
Ist es möglich jemanden Sie zu sagen und eine respektvolle Haltung einzunehmen? Gleiche Antwort wie vorher.
Und wie steht es mit anderen äusseren Handlungen?
Ist es möglich, sich vor einer Buddhastatue zu verbeugen, gleichzeitig "Araham Samma Sam...." zu rezitieren und gleichzeitig keine respektvolle Haltung einzunehmen? Oh ja, auch das ist möglich. Wir haben es (fast) alle zu beginn unserer Zeit als Buddhist(in) getan.
Diese Äusserlichkeiten lassen keineswegs auf die innere Respektshaltung schliessen. Demzufolge sind sie das, was sie eben sind, eine Handlung des Respektes. Das heisst aber nicht, dass wenn man sie nicht macht, eine Handlung des Nichtrespektierens unternimmt.
Aus dieser Sicht gesehen ist Deine Aufforderung, alle Laien müssten alle Ordinierten siezen, zwar gut gemeint, aber nicht gut gehandelt. Das muss jeder selbst entscheiden.
Wir müssen verstehen, dass Kamma personengebunden ist und seine Wurzeln in der Absicht (inneren Haltung) hat. Und ausser ein paar ganz wenigen Menschen ist es uns nicht gegeben, die Absicht (innere Haltung) eines anderen Menschen klar, glasklar zu erkennen. Und wenn wir ehrlich sind, dann erkennen wir sie nicht mal bei uns selbst. Vielleicht ist hier das Wort "wir" nicht wirklich das richtige Wort, weil wir ja gute Buddhisten sind, die 24h pro Tag in absoluter Geistesgegenwart (Sati) verweilen (ich weiss, ein Mönch sollte Ironie und Sarkasmus unterlassen, aber ich konnte mir das nicht verkneifen, um ein wenig Dramatik und Humor in die Sache zu bringen, möget ihr mir verzeihen).
Mir fehlen halt beim Schreiben oft die richtigen Worte. Zum Thema Respekt aber habe ich ein Video gemacht, dort versuche ich es in meiner ersten Fremdsprache wieder zu geben. Der ehrwürdige Johann hat in zwei Sätzen das gesagt, was ich nicht niederschreiben kann. Ich gestatte mir deshalb, einfach ihn zu zitieren, als hätte ich es selbst niedergeschrieben:
Vorweg gleich gesagt, ist es mir als "Person" wirklich kein Problem und es mag da keiner annehmen, dass soetwas gefordert sei. Man möge meinereinen nennen wie man möchte.
Wir Ordinierten sind durchaus in der Lage, die nötige Distanz zu wahren, so wir denn ernsthaft praktizieren. Dass Laien auf uns Rücksicht nehmen, ist eine sehr heilsame Angelegenheit, sogar für beide Seiten. Aber irgendwo muss sich jeder selbst bemühen den Mittleren Weg zu finden. Du wurdest vor Wochen ja auch gebeten, Dein Foto mit Deinem Gesicht zu entfernen und ein Foto zu nehmen, welches neutral daher kommt. Was hast Du damals gedacht, als Du darauf angesprochen wurdest? Aus meiner Sicht war das ein unheilsamer Eingriff in Deine und meine Entscheidungsfreiheit, keine weise Aktion ... oder wie ich zu beginn schrieb:
"Gut gemeint ist nicht in jedem Fall gut getan."