Santuṭṭhi und die Bedeutung von Zufriedenheit
Ajahn Amaro - Dezember 2008
Über Zufriedenheit, oder
santuṭṭhi, wird oft im Kontext materieller Besitztümer gesprochen, insbesondere in unseren Reflektionen über die vier Notwendigkeiten von Roben, Almosenspeise, Unterkunft und Medizin. Es ist die Qualität, mit jeglichem zufrieden zu sein, das dargeboten wird — der Nahrung, die uns täglich präsentiert wird, was auch immer für Unterkunft für eine Nacht zu unserer Verfügung ist, und was immer für Roben oder Medizin uns zugänglich sind. Das ist ein wichtiger Aspekt von Zufriedenheit, und ein sehr erdender — wenig materielle Notwendigkeiten zu haben und wenige materielle Besitztümer. Es gibt da eine Geschichte über einen Mann, der jeden einzelnen seiner Besitzgegenstände in einem großen Scheiterhaufen verbrannt vorfand. Alles, das übrig blieb, war etwas Asche und die Schnallen seiner Stiefel. Seine Antwort darauf war, "Nun gut, jetzt muss ich mich mit diesem Zeug nicht mehr herumärgern." Das ist, was es bedeutet, mit dem zufrieden zu sein, was man hat — ohne es auszukommen, wenn es nötig ist, oder in unseren Unterkünften mit dem Gedanken lebend, dass es nur das Dach über unserem Kopf für eine Nacht ist. Das ist unser Training.
Es ist auch wichtig, zu betrachten, wie
santuṭṭhi alle Aspekte des Pfades durchdringt. Es ist nicht einfach eine Angelegenheit von Entsagung oder nicht durch Verlangen, Aufregung oder Angst in Bezug auf materielle Dinge oder unsere Beziehungen zu anderen Menschen bewegt zu sein. Zufriedenheit ist auch die Basis für Konzentration,
samādhi — jene Qualität des Zufriedenseins mit diesem Moment, diesem Atemzug, diesem Fußschritt, diesem Gefühl im Knie, diesem Geräusch im Raum, dieser Qualität des Gemüts. Zufrieden mit genau diesem Moment zu sein ist von enormer Bedeutung in Bezug auf
samādhi, Konzentration. Und wenn da Zufriedenheit ist —
Ich muss konzentrierter werden, mehr Einsicht erlangen, entspannter sein, ich muss, ich muss, ich muss — dann wird, selbst, wenn wir voller guter Absicht sein mögen, Unzufriedenheit ständig einen Grund zur Aufregung und mangelndem Fokus verursachen. Als Ergebnis davon ist
samādhi weit entfernt.
Die Qualität der Zufriedenheit kann in gewissen Weisen abdriften. Sie kann sich in eine Art Stumpfheit oder Faulheit verwandeln, oder in einen Drang, abzuschalten, während wir uns zur selben Zeit zufrieden wähnen. In Wirklichkeit steuern wir den Geist nur in Richtung Taubheit, einen Zustand von Nichtgefühl, oder ein Gefühl des Loswerdenwollens, sich nicht damit herumplagen. Das ist nicht Zufriedenheit. Zufriedenheit ist keine Qualität missmutiger Resignation —
Nun gut, ich stecke fest in dieser Stimmung, diesem bestimmten Problem oder Gefühl. Ich werde einfach meine Zähne zusammenbeißen und es aushalten. Ich werde einfach darauf warten, dass es vorbei ist. — das ist bloße Stumpfheit, eine nihilistische Attitütde. Im Gegensatz dazu ist da, wenn wir zufrieden sind, eine helle, strahlende Qualität anwesend. Zufriedenheit hat eine große Leichtigkeit und Klarheit in sich.
Zufriedenheit kann auch in die entgegengesetzte Richtung abdriften, in Nachlässigkeit, Selbstzufriedenheit, mit uns selbst zufrieden zu sein.
Mir geht es gut. Ich brauche nichts mit meinem Geist zu tun. Alles ist perfekt. Das schlägt zu weit aus in die entgegengesetzte Richtung. Zufriedenheit ist ein heller und energetischer Zustand, aber er ist auch frei von Selbst-Ansicht und Selbstzentriertheit. Er ist nicht gefärbt von einer Ich-mir-mein-Attitüde.
Santuṭṭhi ist nicht nur eine Basis für
samādhi, sondern auch für
vipassanā, Einsicht. Es ist die Fähigkeit, damit zufrieden zu sein, dieses Gefühl zu sehen, diesen Gedanken, diese Stimmung, oder diese Erinnerung als ein Muster der Natur. Wir fallen nicht darauf herein und interpretieren eine Geschichte hinein, oder nehmen es als eigen oder fremd an. Zufriedenheit erlaubt uns, die Dinge auf sich beruhen zu lassen. Eine schmerzvolle Erinnerung kommt auf, tut ihr Ding und vergeht. Eine aufregende Phantasie kommt auf, tut ihr Ding und vergeht. Eine wichtige Verantwortung kommt auf, tut ihr Ding und vergeht. Es ist nicht, weil wir abschalten, wir uns nicht kümmern oder wir missmutig vor der Situation resigniert haben. Statt dessen ist es eine Sanftheit und Präsenz des Geistes, ein Gefühl für die Fülle des Seins. Wir brauchen nicht etwas aus diesem Gedanken, diesem Gefühl, diesem Moment oder dieser Erfahrung zu extrahieren.
Vipassanā ist auf der Fähigkeit gegründet, sich einfach dem Prozess einer Erfahrung zu widmen, anstelle auf ihren Inhalt hereinzufallen. Dies erfordert Zügelung, und insbesondere Sinneszügelung: nicht manövrieren, um mehr im Bereich unserer Notwendigkeiten zu bekommen, nicht pingelig und wählerisch in Bezug auf unsere Roben, Nahrung, Unterkunft oder Medizin zu sein. Es ist dasselbe mit der Qualität der Zufriedenheit — gelassen sein, sich in die Fülle des Dhamma, die Vollständigkeit des Dhamma ergeben. Nichts fehlt, nichts muss hinzugefügt oder weg genommen werden. Dies wissend, können wir zufrieden mit der Weise sein, wie die Dinge sind.