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de:lib:authors:karunaratna:bl140

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Die Heilung des Bullen: Eine Erzählung

Die Heilung des Bullen

Summary:

Die Heilung des Bullen

Eine Erzählung

von

Suvimalee Karunaratna

Übersetzung ins Deutsche von: (Info Sie sind herzlich eingeladen, Ihre Übersetzung hier beizutragen oder bei den Arbeiten hier zu helfen.)

jb für ZzE

Alternative Übersetzung: noch keine vorhanden

Alternative Formate: bl140.pdf (??pages/239KB)

Auf dem Tempelgelände wo Kapuri die Elefantendame, die weise Schildkröte und der Pfau lebten, kam eines Tages ein von Arbeit verbrauchter Bulle an. Kapuri sah wie er sich in der Mitte des Geländes, hinter dem Quartier der Mönche niederließ und sie bekam den Eindruck, daß ihm eine ganze Welt von Sorgen nieder drückte.

Als Kapuri, die von ihrem Elefantentreiber mit etwas Kitul Palmen zum knabbern an dem üblichen Jak Baum, nach ihrer vollbrachten Tagesarbeit, gebunden, zurückgelassen da stand, kamen in ihr zahlreiche Gedanken in Anbetracht des Bullens auf. Er war unweit von ihr platziert worden und wirkte wie ein abgelehnter Sack voll Knochen, den man achtlos am Boden abgestellt hat.

„Freund, aus welchem Teil des Landes kommst du? Wirst du hier lange bleiben?“, fragte ihn Kapuri.

Der Bulle erhob sein Haupt und schüttelte es um sich von dem Schwarm Fliegen und Flohen zu befreien.

„Ich komme von einem Ort nicht fern von hier. Mein Besitzer brachte mich hier her und bat den leitenden Mönch, mich eine weile hier lassen zu dürfen. Ich denke mein Besitzer möchte, daß ich mich hier am Tempelgras fett fresse, um später mehr für mich zu bekommen.“

“Es klingt, als wäre dein Besitzer ein unfreundlicher Geselle.”

Der Bullen entkam ein langes, tiefes, mit starken Emotionen vibrierendes Stöhnen.

„Freund, wenn du wüßtest wie ich gelitten habe…“, sagte er bitterlich.

„Sag mir…“, trieb ihn Kapuri freundlich an.

„Zu Beginn war mein Besitzer, eine Fuhrmann, sehr nett zu mir. Aber nachdem er heiratete und Kinder bekam, begann er mich nach und nach zu vernachlässigen.“

“Und zwar wie?”

“Naja, in dem er mir zum Beispiel immer weniger und weniger zu fressen gab. Es machte mir nichts aus, da er es mit einer extra Portion an Freundlichkeit gab. Wenn ich Ladungen von Metall, Sand oder Ziegel von früh bis spät zu fernen Plätzen zog, sang er stets traurige Fuhrwerkerlieder, um mein Leiden zu lindern und nicht etwa um sich zu unterhalten. Wie auch immer, erwartete er von mir die selbe Leistung als zu vor. Wie du weißt, ist das Ziehen einer Wagenladung von Metall oder Ziegel auf hügeligen Straßen, unter der stechenden Sonne, kein Spaß. Ich erinnere mich wie ich einmal Scham vor dem Mund bekam und fürchterlich zu stöhnen begann. Dann drehte sich alles in meinem Kopf und es wurde schwarz und sehr still. Für einen Moment hatte ich keine Ahnung was passiert war, bis ich einen schmerzenden Stich auf meiner Haut fühlte. Als ich wieder zu mir kam, war mein Besitzer dabei, mich mit einem Stock zu schlagen und mir wurde bewußt, daß ich in die Knie gegangen war. Hastige richtete ich mich wieder auf, aber dennoch setzte mein Besitzer fort mich zu schlagen und mich mit ohrenbetäubenden Tiraden anzuschreien, als hätte er die Kontrolle über sich selbst verloren, bis wir unser Ziel erreichten. Ich war sehr erschüttert darüber, wie er mich behandelte.“

“So drückten sich die Sorge des Besitzers um dich, seine Beunruhigung über seinen Lebensunterhalt und seine Schuldgefühle dich auszunutzen, aus.“

Der Bulle hielt etwas inne und dachte über diesen Satz nach. „Vielleicht…“, sagte er und begann mit schüttelndem Kopf die Fliegen und Flöhe zu verjagen, zupfte an seiner Haut und schnalzte mit seinem Schwanz. Die Glocke die, um seinen Nacken gebunden war, läutete. Er stand auf und ging langsam zu der nahen Kokospalme und begann seinen Körper an der rauen Rind zu reiben.

„Und, was passierte nach diesem Zwischenfall?“

“Was auch immer der Grund für den Zorn meines Besitzers war, er wurde immer kälter und unangenehmer gegenüber mir. Aber was mich betraf, setzte ich mit naiver Zuneigung und Loyalität fort, ihn wie zuvor zu achten.“

„Das hat nichts mit Tugend zu tun,“ sagte Kapuri leise. „Es war eher, dass du an deinen Ideen von Sicherheit festhieltst. Für dich repräsentierte der Fuhrwerker Sicherheit.“

Der Bulle zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Wie auch immer reduzierte mein Besitzer schamlos das Abdecken meiner Grundbedürfnisse. Eines Tages brachte er einen, nicht einmal zu einem Drittel mit Poonac gefüllten Korb, setzte ihn mir vor und sagte in aggressiver Weise, als würde er einen seiner Knochen geben: ‚Hier, nimm das. Das ist alles was da ist. Sei dankbar, daß du überhaupt so viel bekommst!‘ Es war seine hochmütige und gefühllose Art die mich mehr als alles andere verletzte. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welch ein Brand sich in mir entfachte. Als Ergebnis entstand ein solch ein Getümmel in mir, daß ich kaum mehr wußte was ich tat. Als sich diese Behandlungsweise fortsetzte, begann ich zu reagieren.“ Der Bulle schlenderte weg von der Palme und ließ sich wieder nieder, um das Futter zu kauen.

“Und wie hast du reagiert, wenn ich damit nicht zu aufdringlich bin?„

“Eines Tages griff ich beinahe seine Frau an“, sagte der Bulle.

„Aber warum seine Frau?“

„Weil ich mir ziemlich sicher war, daß sie der Grund für seine Gefühlskälte war. Sie war es, die ihm darin bestärkte mich zu misshandeln. Mein junger Meister wäre sonst nie dazu gekommen so kaltherzig zu mir zu sein.“

„Wie kannst du da so sicher sein?“

“Wieder und wieder belauschte ich, wie sie ihm die Ohren mit Beschwerden über mich vollgesungen hat. Sie hat immer über mich genörgelt und sich über mich beschwert.“

„Beschwert über was?“

„Es wäre so, daß ich überall auf dem Grund meine Haufen fallen lasse und aus diesem Grund der Platz völlig mit Fliegen verschwärmt wäre. Oder sie meinte, daß ich eine große finanzielle Belastung, ein Ärgernis sein. Sie drängte ihn stets dazu mich los zu werden, und einer anderen Arbeit nachzugehen, für die kein Bulle benötigt wäre.“

„Warum hatte sie dich stets auf der Klinge?“

“Ich weiß es nicht. Ich dachte vielleicht sei sie eifersüchtig. Sieh, in der Vergangenheit war ich der treue Freund und stete Begleiter des Fuhrwerkers. Ich denke das gefiel ihr nicht.“

„Das könnte sein,“ erwiderte Kapuri, „manche Frauen sind notorisch eifersüchtig und besitzergreifend über ihre Männer.“

„Ich hatte davon auch gehört. Das war der Grund warum ich Anfangs so geduldig mit ihr war. Ich dachte, wenn ich sehr wohlgestimmt, verständnisvoll und freundlich ihr gegenüber bin, würde sie ihre Ablehnung und ihr Misstrauen gegenüber mir überwinden. Doch ganz im Gegenteil fuhr sie damit fort, gegen mich zu arbeiten, und über die Jahre errichtete sie eine solide Mauer aus Ablehnung zwischen ihr und mir. Dies zeichnete sich auch ab, als ich mit ihren Kindern spielte.“

“Auf welche Weise?”

„Weißt du, manchmal schreckte ich die Kinder zum Spaß. Sie wußten, daß es ein Spiel war. Sie rannten stets erheitert weg von mir und kehrten um, um mir einen spielerischen Klapps auf das Hinterteil zu geben. Ich drehte mich dann um, senkte mein Haupt als würde ich sie mit den Stoßzähnen stoßen wollen und jagte sie im Garten herum. Manchmal sind sie auf meinen Rücken geklettert. Als ich einmal mit einem der Kleinen auf dem Rücken herumtrottete, rutschte einer der Kleinen, von einem Größeren verursacht ab, viel zu Boden und begann zu weinen und zu schreien. Seine Mutter kam gelaufen, hob das Kind auf und beschimpfte mich: ‚Du ärmlicher alter Bulle, daß hast du mit Absicht gemacht. Ich habe gesehen wie du es getan hast, du schrecklicher Teufel!‘ Und sie schimpfte noch für Stunden wegen dieses Zwischenfalles.“

“Ich erinnere mich an einen anderen Anlaß. Da hatte mir eines der Kinder eine Kochbanana durch das Küchenfenster gereicht und ich aß diese mit Genuß. Um meine Anerkennung zu zeigen hielt ich sie mit dem Maul am Arm. Als die Mutter dies saß, brüllte sie mich an und verscheuchte mich vom Fenster. Ich hab den Arm des Kindes sehr sanft mit Zuneigung gehalten, aber die Frau des Fuhrwerkers verhielt sich als hätte ich den Arm des Kindes wie eine Kochbanane essen wollen! Zu einer anderen Gelegenheit brachte mir eines der Kinder ein Stück Milchreiskuchen zum Neujahrstag. Ich genoß dies so sehr, daß ich ihn mit einem Bissen aß. Ich senkte meinen Kopf und richtete aus Spaß ein Horn gegen den Bau des Kindes. Ich presste kein bisschen aber du solltest gehört haben, wie die Mutter zu schreien und toben begann. Jeder müßte gedacht haben, daß ich daß Kind hätte töten wollen. All diese Zwischenfälle wurden hochgespielt und in so intensiver Weise verfälscht dann dem Fuhrwerker näher gebracht, daß dieser argwöhnisch und misstrauisch gegen über mir wurde. Langsam dämmerte es mir, daß sie erst glücklich sein würde, wenn sie mich los ist. Sie wollte die Mauer, die sie zwischen uns errichtet hatte einfach nicht einreißen.“

“Und, was hast du dann gemacht?”

„Ich dachte, daß beste wäre sie zu verlassen, aber wie sollte ich daß tun, wohin hätte ich gehen können? Ich konnte es nur so sein lassen und es einfach erdulden. Mein Kopf war so voll von ihren Sticheleien und Vorwürfe, daß ich, eines Tages als sie mir eine Wasser zum trinken brachte, diesen mit meinem Fuß weg trat. Die Kante traf ihr Kinn und die beugte sich nieder, während Blut aus dem Schnitt lief. Du kannst dir vorstellen wie sie mich verteufelte und wie sie sich beim Fuhrwerker über mich beschwerte.“

„Du hättest das nicht tun dürfen“, rügte Kapuri den Bullen höflich: „Das war ein Fehler.“

“Ich weiß, aber ich bin nur ein Bulle und kein Heiliger! Wenn Leute daran gehen mich ohne einzuhalten zu verletzen und zu mißhandeln, wie könnte ich da je still halten und nichts tun?“

„Wie auch immer, du hättest es nicht tun sollen.“

„Ist das möglich?“

„Ja. Nicht zu reagieren ist der einzige Weg um dich und andere zu Schützen.“

„Andere beschützen?“

„Sie davor zu schützen dich noch mehr zu verletzen und die Situation zu verschlimmern. Ich denke du hast nicht aufgehört zu reagieren?“

“Ja weist du, es war so, daß es zu dem Punkt kam an dem selbst die Kinder argwöhnisch und misstrauisch mir gegenüber wurden, so als wäre ich ein Monster oder eine bösartige giftige Schlange in Mitten unter ihnen. Ihr Verhalten verletzte mich sehr. Sie hielt sie an mich zu verhöhnen, mich an meinem Schwanz zu ziehen oder Steine nach mir zu werfen. Einmal jagte ich hinter einen Kleinen wirklich zornig hinterher, da er einen Stein mit einer Schleuder auf mein Hinterteil geschossen hatte. Da ich zu dieser Zeit schon sehr verwirrt und schreckhaft war, würde ich zornig vor lauter unkontrollierter Wut. Kaum hatte ich den Aufschlag des Steines auf meinem Hinten verspürt, jagte ich den kleinen Bengel mit all der Wut und dem Schmerz, der sich in mir angestaut hatte, durch den Garten bis er ins Haus flüchtete.“

“Das war ein weiterer Fehler, den du gemacht hast”, sagte Kapuri, während sie ihren Kopf traurig schüttelte: “Du hast damit der Frau des Fuhrwerkers nur mehr Munition gegeben. Sie konnte daraus nur Gewinn schlagen. Wenn du so etwas noch einmal tun würdest, würde der Fuhrwerker sicher seiner Frau nachgeben und dich weg geben.“

“Ich weiß”, murmelte der Bulle: Weißt du, dies war der ausschlaggebende Punkt für die Situation zwischen dem Fuhrwerker und mir. Danach wurde er so herzlos wie sie, verletzte mich und hielt auch nicht davon ab mich zu schlagen.“

„Wie dumm du nur warst! Und ich fürchte, daß du gegenüber ihm dann auch so reagiert hast?“

„Ja, ich wurde stur und nachtragend und mit allen Schlägen dieser Welt, konnte er mich nicht dazu bringen mich zu bewegen. Ich senkte meinen Kopf, vergrub meine Absätze, biß die Zähne zusammen und wartete und wartete, bis er mich schlug und schlug und schlug und ihm dann die Tränen das Gesicht hinunter kullerten und er zu schluchzen begann.“

Kapuri schüttelte sorgenvoll ihren Kopf . „Ich bin so traurig das alles zu hören“, sagte sie. „Ich erkenne die vollständige Ursache von alle dem sehr klar und du hast nur Öl ins Feuer geleert.“

„Ich?“, toste der Bulle und drehte seine Augen nach oben. „All das wurde mir angetan, und nun bin ich der Schuldige? Warum sprichst du so?“

„Bulle, siehst du nicht, daß sie das Karma deines letzten Lebens ist. Anstatt nicht bösartig gegenüber ihr zu reagieren, bist du daran gegangen mehr schlechtes Karma für dich, für sie und deinen Besitzer zu produzieren. Wenn du über sie ignoriert hättest und all ihre Gehässigkeiten und Boshaftigkeiten übersehen hättest, wären die Dinge nie an diesen Punkt gekommen. Du hättest dich gegenüber ihrer Wut standhaft zeigen müssen und Stärke aus Tugend schöpfen sollen. Es ist so, daß Tugend in so einer Situation wie ein Schild für einem selbst ist.“

“Was meinst du mit Tugend? Meinst du die fünf Verhaltensregeln?“

„Ja, aber in ihrer tiefsten Bedeutung. Ich meine damit von Beginn an gedankenvoll selbstbeherrscht zu sein. In dem du dankbar für jede auch noch so kleine erhaltene Speise bist, wie auch für die Unterkunft und jede Freundlichkeit die man dir entgegen bringt. Damit hättest du dir gutes Karma angehäuft und sogleich langsam die Auswirkungen deines alten schlechten Karmas abgearbeitet.“

„Du erwartest da eine unmögliche Haltung von einem schier schwerfälligen Wesen wie mir. Ich kann nur an Futter, Schlaf und das Verjagen von Fliegen und Flohen, ja und sicherlich auch die an die Güte um mich herum, denken.“

“Du mußt dich selbst mit Anstrengung aus dieser Ebene der Schwerfälligkeit heben, wenn du dich aus den Fesseln des Leidens befreien möchtest.“

Der Bulle blickte schamvoll zu Boden. „Wenn mein Besitzer doch nur freundlich zu mir geblieben wäre, hätte ich nicht so reagiert“, sagte er mit sanfter Stimme. „Ich war stets so geduldig. Was mich verletzte war, daß mein Besitzer hartherzig und gefühllos gegenüber mir wurde und sich gegen mich wendete.“

“Dein Fuhrwerker ist nicht anders als andere junge Familienväter”, setzte Kapuri weise fort. „Wenn ein junger Mann eine Frau nimmt und noch zusätzliche Mäuler zum stopfen in die Welt setzt, passiert es, daß er mit seiner Verantwortung für sie übertreibt und blind für die Bedürfnisse und Empfindungen von anderen wird, selbst für jene die ihm nah sind, wie seine Mitarbeiter und seine Eltern.“

„Sag mir, wie ich mich da vor schützen kann, weiter zu reagieren“, bat der Bulle demütig.

“Zuerst sag mir, wie du hier hergekommen bist“, entgegnete Kapuri.

„Nun, eines Tages brachte mir mein Meister, ohne ein Wort, eine Menge Futter zu essen und als ich zahm und zugänglich wurde, brachte er mich hier her. Er dachte vielleicht, daß die Tempelatmosphäre heilsame Effekte für mich bringen würde, erst gar nicht gedacht an das üppige Weideland hier.“

Kapuri durchdachte die Aussage objektive. „Würdest du mit ihm glücklich zurück gehen, wenn er dich wieder holen kommt?“

„Wenn?“ Dabei drehte der Bulle langsam seinen Kopf zu Kapuri und hob die Augenbrauen. „Was meinst du mit ‚wenn'?“

“Mein lieber Bulle, ist es dir noch nicht gekommen, daß er vielleicht nicht mehr für dich zurückkehrt?”

Der Bulle stand starr als wäre er vom Blitz getroffen. „Nun wenn er nicht zurückkommt um mich zu holen…“, murmelte er erschüttert: „Um dir die Wahrheit zu sagen, ich wüßte nicht was ich dann tun sollte.“

„Du selbst hast mir erzählt, daß die Frau des Fuhrwerkers sich niemals ändern würde und sie bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie dich los ist, nie zufrieden sein würde. Du hast mir auch erzählt, wie unangenehmen die Bedingungen für dich sind. Wenn dem allen so ist, solltest du vorsichtig und genau über die Natur deiner Anhaftung an deinen Meister, dieses Verlangen nach dieser sogenannte Sicherheit die du fühlst wenn du bei ihm bist, nachdenken. Du kannst sehen, wie Anhaftung es vermag, einem eine unnötige Menge an Angst zu vermitteln.“

“Ich weiß”, stimmte der Bulle zu, “Ich beginne zu verstehen. Wenn der Fuhrwerker es pflegte so liebevoll mit mir zu reden, wuürde ich stets glücklich und all meine Probleme schienen sich in Luft aufzulösen. Aber als er abstumpfte, meine Mahlzeiten reduzierte und er rau mit mir sprach, warf mich das zu Boden, in die Tiefen der Hoffnungslosigkeit. Wenn er mir nur wenig zu essen gab, aber freundlich dabei war, war ich zufrieden. Es hätte schon gepasst, wenn ich seine Grenzen akzeptiert hätte und nicht an ihnen gezerrt hatte und wenn er mir ein bisschen Freundlichkeit und Sorge um mein Wohlbefinden entgegengebracht hätte. Aber er wurde einfach aggressive und anmaßend so wie seine Frau. Ich hasse sie alle! Ich hasse alles und jeden!“, brüllte der Bulle plötzlich von sich.

„Nein, nein, mein Freund, reiß dich zusammen. Du läßt zu, daß dich dein Frust überwältigt. Weißt du was gerade mit dir passiert? Du bist zum Opfer von deinem Verständnis von Schuld geworden. Es treibt dich, wie in einem endlosem Karussell, im Kreis herum.”

„Sag mir wie ich es los werde – diese Gefühl von Gewalt und Haß in mir! Es brennt wie Kohle in mir, es verbrennt mein Herz und da ist nichts als eine walzende Verirrung in meinem Kopf.“

„Ich fühlte mich auch einmal so“, sagte Kapuri, „Freund, es wird lange dauern, lange dauern bis dein Schmerz geheilt ist.“

“Aber ich mag es nicht der Zeit überlassen mich zu heilen!”, brüllte der Bulle rebellisch. „Ich möchte mich selbst heilen!“

„Gut. Dann höre aufmerksam diese Sätze aus dem Dhammapada:

„Aus Zuneigung entsteht Kummer,

Aus Zuneigung entsteht Angst.

Für jenen der völlig frei von Zuneigung ist,

gibt es werde Kummer noch Angst.“

Der Bulle straffte seine Ohren und seinen Schwanz und blickte perplex.

“Ich würde dir empfehlen, die Schildkröte für weiteren Rat zu fragen”, sagte Kapuri mit freundlicher Stimme. „Er ist etwas besonderes. Er wird dir die wirkungsvollste Medizin von allen geben um dich selbst zu heilen, so wie sie auch von Buddha verschrieben wurde. Es hat schon seinen Grund, warum man Buddha den erhabenen Heiler nennt.“

„Wo kann ich die Schildkröte finden?“

„Er stöbert einmal am Tag entlang der Hecken nach Futter. Dann kannst du mit ihm sprechen.“

Die nächsten Tage durchstöberte der Bulle also die Hecken und Büsche, die die Grenze des Tempelgeländes bildeten und konnte die Schildkröte letztlich ausfindig machen.

“Werter Herr, ich möchte sie etwas fragen. Störe ich?“, wagte der Bulle etwas ängstlich zu fragen.

„Nein, nicht im geringsten. Mach, fahre fort und frage was immer du fragen möchtest.“

„Herr, mein Kopf steht unter Flammen. Da ist eine flackernde Kohlenglut in mir. Da ist so viel Angst in mir und vergiftet mein ganzes Wesen. Es fühlt sich sogar so an, als wurde es mir ins Knochenmark fahren. Ich fühle mich elend. Geben sie mir eine Heilung.“

“Da gibt es keine sofort Heilung”, sprach die Schildkrote langsam und blickte dabei dem Bullen tief in seine roten Augen als ob er bis zum Herzstück seines Problems durchdringen wollte. „Da ist viel Anstrengung die du tun mußt, um dich von Ablehnung, Anhaftung und Festhalten an falscher Sicherheit zu befreien. Beginne deine Praxis damit, deinen Geist von allen böswilligen Gedanken zu befreien. Kultiviere Gedanken von Freundlichkeit gegenüber allen.“

„Wie?“

“Denke an die kleinen gütevollen Taten die man dir in deinem Leben entgegengebracht hat, jene für die du dankbar bist zum Beispiel, und laß diese Haltung der Dankbarkeit kontinuierlich wachsen und in dir größer werden. Dann strahle diese Gedanken von Wohlwollen um dich herum aus. Wenn immer ein Gedanke von Wut und Abneigung in dir aufkommt, sei dir dessen bewußt. Zerstampfe diese flackernden, glühenden Kohlen bis die Asche sind. Züchte Gedanken von Wohlwollen. Sei immer gewahrsam. Achte auf deine Gedanken. So wie es heißt: ‘Vermeide schlechtes, kultiviere Gutes und reinige deinen Geist: das ist die Lehre Buddhas.”

„Ist das alles? Ist das die Medizin?“

“Das ist alles. Aber, Freund, es ist keine so eine einfache Sache, diese Medizin wie verschrieben einzunehmen. Es mag eine ganzes Leben in Anspruch nehmen, um zu lernen wie man die Medizin einnimmt, aber das ist es in jedem Fall wert. Wenn du dich einmal von Haß, Angst und Schmerz befreit hast, wirst du dich sehr frei und zufrieden wissen. Du wirst noch in diesem Leben das erhabene Glück erfahren.“

„Ist dem wirklich so? Sie führen mich damit doch nicht auf einen Holzpfad?“

“Mit Sicherheit führe ich dich nicht auf einen Holzpfad. Die Freiheit des Geistes, die man erfährt wenn er frei von Verlangen, Groll, Faulheit und Starrheit, Ungeduld und Sorge wie auch Zweifel ist, ist in den Sutras beschrieben. Es ist wie die Erfahrung eines Mannes der sich einen Kredit genommen hat, sein Geschäft mit dem Kapital aufgebaut hat, Gewinn macht und die Schuld zurückzahlt. Oder so wie die Erfahrung eines Mannes, der krank war und gesundet. Oder gleich der Empfindung eines Mannes, der in einem Gefängnis war und freigelassen wird, oder das Gefühl der Sklavenschaft und befreit von der Sklaverei. Letztlich ist es so wie die Erfahrung eines Mannes, der sich in der Wüste verirrt hat und dem Hunger und der Gefahr ausgesetzt, an den Rand eines Dorfes und so zu Sicherheit kommt.“

“Gibt es da keine Abkürzung zu dieser Sicherheit, zu diesem Frieden?”

„Wenn du das Festhalten an Objekten der Anhaftung aufgibst, wirst du große Freiheit verspüren.“

„Wie?“, frage der Bulle. „Wie erlebt man Freiheit wenn man Festhalten aufgibt?“

„Schau, Sinnesobjekte sind vergänglich und alles was vergänglich ist, unterliegt von Natur aus dem Leiden. Wo ist nun diese bleibende Sicherheit, das bleibende Vergnügen? Wenn du die Dinge, die du als angenehm empfindest nicht erreichen kannst, ist da Angst. Wenn du dich den Dingen die unangenehm für dich sind, aussetzt, ist da Angst, aber wenn du von wollen und nicht wollen abläßt, dann erfährst du das Gefühl von großer Freiheit und Frieden. Wenn das Glück nicht von vergänglichen Sinnesobjekten, Gefühlen und Emotionen abhängt, aber mit dem Frieden aus dem Loslassen kommt, dann ist dies ein Glück das es wert ist zu erfahren. Es ist hinter allem weltlichem Vergnügen die man in der banalen Welt kennt.“

“Ich soll also alle Anhaftungen an meinen Meister aufgeben, zum Essen und zu allem?”

„Halte nicht an ihnen fest als wären sie das Ein und Alles in deinem Leben. Sei mit wenig zufrieden. Sei in Frieden mit dir selbst, mit Allem und jedem und dich herum.“

„In Frieden mit der Frau meines Meisters und ihren verletzenden Bemerkungen zu sein? Will soll ich das machen?“, fragte der Bulle mit einem zweifelnden Lachen. „Wie soll ich das erreichen?“

“Bulle, um Himmels willen, gibt dein Festhalten an Ablehnung auf”, sagte die Schildkröte mit mildem Gleichmut. „Du umarmst deine Verletzungen und nährst Groll als wären sie dein kostbarster Schatz. Gib das auf. Schau wie frei und unabhängig du dich fühlen wirst, wenn du die Verletzungen und den Groll aufgibst und nicht mehr lieb wie am Leben an ihnen hängst.“

“Aber wie soll ich das tun? Verrate mir das Geheimnis, die Technik. Alles was ich weiß, wenn eine verletzende Gehässigkeit, mit nicht wenig Gift, auf mich losgelassen wird ist, daß es schmerzt. Es schmerzt wirklich, also ob ein Pfeil mein Herz durchbohrt und ich fühle wie meine ganze Gestalt von dem Einschlag erbebt. Wie soll ich nun vorgehen, daß dies nicht passiert? Wie gehe ich vor, daß mich nichts trifft?“

“Gehe nicht vor. Sie zu, daß du deine Emotionen in den Griff bekommst. Bulle, höre gut zu. Du kannst den Zustand von Frieden und Ruhe nicht automatisch erreichen – du mußt hierfür hart mit einer Technik von Meditation arbeiten. Da muß erst eine tiefe Suche in dir nach der Natur dieses Schmerzes erfolgen, um heraus zu finden, warum es weh tut. Du muß dir die Bemerkungen mit einem klaren Bewusstsein, ohne mit deinen Ideen zu liebäugeln, ansehen – nach deinen Erinnerungen über ähnliche Bemerkungen eilend, sie mit vergangenen Situationen in Verbindung bringen und zu Feststellungen zurückspringen – all dieses tollpatschige düstere Spiel der Gedanken muß weggewischt sein. Auch solltest du nicht, mit der Angst aus den Bemerkungen im Zusammenhang mit deiner sogenannten Sicherheit, in die Zukunft eilen. Du mußt nicht nur die Natur dieser Bemerkungen klar nachvollziehen, sondern auch warum du beim Wahrnehmen von ihnen so reagierst.

Mit dieser Selbstbetrachtung beginnst du Stück für Stück zu verstehen, daß der Grund deines Schmerzes aus diesen Bemerkungen die sogenannte „Ich“-Idee ist – das Bild das du von dir hast, das Bild von dem du wünscht das andere von die haben. Tatsächlich ist da kein „ich“ oder „du“, sondern nur eine Anhäufung von geistigen und körperlichen Phänomen die von Moment zu Moment, ohne einem Abhängigkeit an der sie anhaften, aufkommen und vergehen. Wenn dein Geist von Veruntrübungen gereinigt ist, kannst du dich auf diese Probleme und die Stellen die du testen möchtest, konzentrieren. Du wirst dann mit großer Klarheit herausfinden, daß da kein „Selbst“ ist, nur vergängliche Gedanken, Gefühle, Emotionen, physische und mentale Phänomen. Diese Wahrheit zu sehen und zu erfahren ist die große Entdeckung, der Schlüssel zum loslassen.

Wenn deine Meditation wirklich fortgeschritten ist, ist es dir möglich es selbst zu sehen. Du wirst sehen, daß alle Phänomene nicht nur aus einer einzigen Bedingung entspringen, sondern von mehreren zusammenhängenden Ursachen und Begebenheiten. Dies ist warum es in den Sutren heißt: ‚Bedenke, daß der Körper nicht das Selbst ist, Gefühle sind nicht das Selbst, Wahrnehmung ist nicht das Selbst, Willensformationen sind nicht das Selbst, Bewußtsein ist nicht das Selbst.‘ Da ist kein ‚Ich‘ in alle dem. All das ist vergänglich. Was vergänglich ist, ist Leiden. Was Leiden ist, ist nicht Ich. Da ist ein 'Ich' in all diesen Dingen. Sobald du beginnst, dies für dich selbst zu sehen, lernst du los zulassen. Du lernst nicht zu reagieren. Dann beginnst du die Angst in dir zu verringern und erreichst damit Frieden.“

„Wenn mich mein Meister also wieder zurück nimmt und mich wieder misshandelt, heißt das also, daß ich dies ohne Zorn oder Groll auf mich nehmen soll, da es ja in Wirklichkeit kein ‚Ich‘ gib?„

“Mein lieber Freund”, erwiderte die Schildkröte mit einem milden Lächeln. „Du fragst mich nach der Medizin und ich gebe sie dir. Nimm sie oder lass es bleiben. Ich sage nur, daß du dich selbst reinigen sollst, um die Dinge selbst klar zu sehen und damit zu innerer Ruhe kommst. Wenn du innen ruhig und standfest wie eine Säule im Wind bist, wenn Ruhe und Standhaftigkeit dich die Unwirklichkeit des sogenannten ‚Ego‘ selbst sehen und erfahren hat lassen, dann ist das Aufgeben des Festhaltens kein großes Problem.“

„Und die Medizin ist garantiert dafür völlige Freiheit von Leiden zu erreichen?“

“Es ist tatsächlich Heilung die Bestand hat. Es ist keine Sinnlos-Arbeit und keine vorübergehende Heilung. Ich gebe dir keine mystische Medizin, die das Abhalten von allerlei Arten besonderer Riten und Rituale und den Hokuspokus der Magie beinhaltet. Die ‚Magie‘ der inneren Veränderung ist worin die Medizin Buddhas endet. Und das Ziel ist die völlige Aufgabe des Festhaltens – Festhalten an Existenz, an Nicht-Existenz, an Sinnesvergnügen, an Ablehnung, an Ansichten… das Aufgeben des Festhaltens alleine bringt bleibende Befreiung von Elend. Merke, es ist besser glücklich und ohne Zorn und Übelwollen zu sterben als unglücklich und voller Angst, welches zu einer Wiedergeburt mit bei weitem schlimmeren Bedingung führt, als die gegenwärtigen.“

Der Bulle dachte Stirne runzelnd, mit seinem Schwanz und den Ohren wackelnd und sich am Hinterteil zupfend, über diese Antwort nach. Plötzlich entspannte sich seine Stirn und klares, freudiges Licht begann in seinen Augen zu strahlen. Er nickte behutsam während er sein Futter wiederkäute.

„Herr, ich denke ich beginne zu verstehen, worauf sie hinaus wollen.“

“Gut, aber um diese reine Wachsamkeit und dieses klare Verständnisvermögen, die eine Notwendigkeit für die Befreiung sind, zu erreichen, mußt du meditieren. Lebe stets in der Gegenwart. Sei dir deiner Gedanken, Gefühle und Emotionen bewußt. Sein wirklich freundlich und sanftmütig zu dir selbst und in dem du dies tust, wird es dir möglich sein die Freundlichkeit und Sanftmut zu schützen und andere zu verstehen. In dieser Weise wirst du dich von dieser ‚Ich‘-Idee befreien und eine natürliches Einfühlsvermögen gegenüber allem Leben erfahren. Du erkennst welchen Zweck deine Gedanken und Emotionen verfolgen. Du wirst nach und nach die Natur dieses komplexen Ablaufes den wir als ‚Ich‘, ‚mich‘ und ‚mein‘ bezeichnen, zu verstehen beginnen. Dann wirst du für dich selbst sehen, daß Freiheit nicht nur von der Aufgabe des Verlangens nach sinnlichen Objekten aber auch von der Aufgabe dieser Idee eines Egos kommt – das gesamte Verlangen der Anhäufungen die in Wahrheit leer, ohne Substanz und vergänglich sind.“

“Ja, ich denke, daß ich nun etwas zu verstehen beginne. Gewiss sollte ich mein bestes tun diese Medizin einzunehmen, zuerst meinen Geist reinigen und heilsame Gedanken kultivieren und mich damit von Anhaftung und Ablehnung zu befreien. Damit werde ich das Festhalten an einem falschen Verständnis von Sicherheit aufgeben.“

„Sehr gut Bulle!“ Wirklich sehr gut! Es ist nicht leicht, aber wenn du die Medizin in der verschriebenen Art einnimmst werden sicher bald deine erwarteten Resultate, wie Zufriedenheit und völlige Freiheit von dem fesselnden Griff des Leidens, reifen.“

Über den Autor:

Suvimalee Karunaratna kam 1939 in Sri Lanka zur Welt und erhielt ihre frühe Ausbildung in Washington, D.C. und in Colombo. Während sie in Rangoon lebte, wo ihr Vater von 1957 bis 61 als Botschafter Sri Lankas in Burma postiert war, erhielt sie Meditationsunterweisungen vom ehrwürdigen Mahasi Sayadaw und dem ehrwürdigen Webu Sayadaw. Ihre erste Sammlung von kurzen Geschichten wurde 1973 publiziert und zahlreiche kurze Geschichten erschienen auch in Anthologien moderner Schriften in Sri Lanke wie auch in Literaturjournalen. Sie ist Autorin von „Walking Meditation“ (Bodhi Leaves Nr. 113) und „Prisoner of Karma” (Bodhi Leaves No. 125)


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de/lib/authors/karunaratna/bl140.txt · Zuletzt geändert: 2022/03/14 17:13 von Johann