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159 Die Erzählung von dem Pfau - Mora-Jataka

159 Die Erzählung von dem Pfau - Mora-Jataka

Summary: url=./index.html#j159 Ein goldfarbener Pfau kann trotz aller Bemühungen nicht gefangen werden, da er immer am Morgen den Schutz der Gottheit anruft. Endlich gelingt es den Jägern durch ein dressiertes Pfauenweibchen seiner habhaft zu werden. Er wird zu dem König gebracht, der durch seinen Genuß der Unsterblichkeit teilhaftig zu werden hofft. Der Pfau aber überzeugt ihn von der Torheit dieser Ansicht und wird wieder freigelassen.

J 159 {Sutta: J ii 035|J 159|J 159} {Vaṇṇanā: atta. J 159|atta. J 159}

Die Erzählung von dem Pfau

159

Mora-Jataka (Morajātakaṃ)

übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:

Julius Dutoit

Jetzt geht er auf, der Herrscher

[§A] Hover: Gegenwartsgeschichte: Vorgeschichte

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen unzufriedenen Mönch. Als dieser Mönch von den anderen Mönchen zum Meister geführt und von diesem gefragt wurde: „Ist es wahr, o Mönch, dass du unzufrieden bist?“, gab er zur Antwort: „Es ist wahr, Herr.“ Buddha fragte weiter: „Was hast du denn gesehen?“, und er erwiderte: „Ich schaute ein Weib an mit schön geschmücktem Körper.“ Darauf sprach der Meister zu ihm: „O Mönch, warum soll das weibliche Geschlecht nicht den Sinn von euresgleichen verwirren? Auch in früherer Zeit haben Weise, die siebenhundert Jahre lang sich von der Befleckung fern gehalten hatten, als sie die Stimme eines Weibes hörten und Gelegenheit erhielten, die Lust im selben Augenblick betätigt. Auch die Reinen können befleckt werden, auch die mit dem höchsten Ruhm Ausgestatteten fallen in Unehre; um wie viel mehr die nicht ganz Reinen?“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B] Hover: Geschichte aus der Vergangenheit

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva im Pfauengeschlecht seine Wiedergeburt. Als er noch im Embryozustand war, befand er sich in einer der Kanikara-Knospe an Farbe gleichenden Eierschale. Als er dann das Ei zerbrochen hatte und heraus kroch, war er goldfarbig, lieblich anzuschauen, prächtig; zwischen den Flügeln war er schön rot gestreift. Auf den Schutz seines Lebens bedacht, überflog er drei Reihen von Bergen und nahm in der vierten Bergreihe auf dem Goldstabberge seinen Aufenthalt.

Wenn die Morgendämmerung kam, betrachtete er auf dem Bergesgipfel sitzend das Aufgehen der Sonne; um den Ort seines Unterhaltes zu schützen und zu wahren, sagte er, einen Brahma-Zauberspruch damit verbindend: „Jetzt geht er auf“, usw., indem er folgendermaßen sprach:

[§1] Hover: 17. Udetayaṃ cakkhumā ekarājā, harissavaṇṇo pathavippabhāso [paṭhavippabhāso (sī. syā. pī.)]; Taṃ taṃ namassāmi harissavaṇṇaṃ pathavippabhāsaṃ, tayājja guttā viharemu divasaṃ. „Jetzt geht er auf, der Herrscher, alles sehend, mit goldner Farbe, alle Welt bestrahlend. Ihn, ihn verehr ich, den goldfarbenen, den alle Welt bestrahlenden, von dir beschützt mög heute ich den Tag vollbringen.“

Wenn der Pfau so mit dieser Strophe die Sonne verehrt hatte, verehrte er mit einer zweiten Strophe die in der Vergangenheit zum völligen Nirvana eingegangenen Buddhas und die Buddhavorzüge folgendermaßen:

[§2] Hover: 18. Ye brāhmaṇā vedagū sabbadhamme, te me namo te ca maṃ pālayantu; Namatthu buddhānaṃ [buddhāna (?)] namatthu bodhiyā, namo vimuttānaṃ [vimuttāna (?)] namo vimuttiyā; Imaṃ so parittaṃ katvā, moro carati esanā. „Die Veda-kundigen Brahmanen, die alle Tugenden besitzen, auch sie verehr ich; mögen sie mich schützen. Verehrung den Erleuchteten, Verehrung der Erleuchtung, Verehrung den Erlösten, Verehrung der Erlösung.“

Wenn der Pfau sich so ihren Schutz gesichert, ging er aus, um sich Futter zu suchen. Nachdem er so den Tag verbracht, betrachtete er am Abend auf dem Gipfel des Berges sitzend den Untergang der Sonne; und indem er die Buddhatugenden erwog und, um seine Wohnung zu schützen und zu verteidigen, einen Brahma-Zauber daran knüpfte, sagte er: „Jetzt sinkt er hinab“, indem er folgendermaßen sprach:

[§3] Hover: Apetayaṃ cakkhumā ekarājā, harissavaṇṇo pathavippabhāso; Taṃ taṃ nammassāmi harissavaṇṇaṃ pathavippabhāsaṃ, tayājja guttā viharemu rattiṃ. „Jetzt sinkt hinab der Herrscher, alles sehend, mit goldner Farbe, alle Welt bestrahlend. Ihn, ihn verehr ich, den goldfarbenen, den alle Welt bestrahlenden, von dir beschützt will heute ich die Nacht verbringen.“ [§4] Hover: Ye brāhmaṇā vedagū sabbadhamme, te me namo te ca maṃ pālayantu; Namatthu buddhānaṃ namatthu bodhiyā, namo vimuttānaṃ namo vimuttiyā; Imaṃ so parittaṃ katvā, moro vāsamakappayīti. „Die Veda-kundigen Brahmanen, die alle Tugenden besitzen, auch sie verehr ich; mögen sie mich schützen. Verehrung den Erleuchteten, Verehrung der Erleuchtung, Verehrung den Erlösten, Verehrung der Erlösung.“

Wenn der Pfau sich so den Schutz gesichert, ging er in seine Wohnung.

Ein Jäger(1) nun, der unweit von Benares in einem Jägerdorfe wohnte, sah, als er in der Himalaya-Gegend umherwandelte, auf der Spitze dieses Goldstabberges den Bodhisattva sitzen; und als er heimkam, teilte er dies seinem Sohne mit. Eines Tages aber sah Khema, die Gemahlin des Königs von Benares, im Traum, wie ein goldfarbiger Pfau ihr die Lehre verkündigte; und sie teilte dem Könige mit: „Ich, o Fürst, möchte von dem goldfarbigen Pfau die Lehre vernehmen.“ Der König fragte seine Minister. Die Minister erwiderten: „Die Brahmanen werden es wissen.“ Die Brahmanen sagten: „Es gibt wohl goldfarbene Pfauen“; und als man sie fragte: „Wo gibt es solche?“, sprachen sie: „Die Jäger werden es wissen.“ Darauf ließ der König die Jäger versammeln und fragte sie. Da sprach jener Jägerssohn: „Ja, o Großkönig. Es gibt einen Berg, namens Goldstabberg; dort wohnt ein goldfarbiger Pfau.“ Der König erwiderte: „Bringe also den Pfau gebunden her, ohne ihn zu töten.“

Der Jäger ging weg und legte Schlingen an den Ort, wo jener sich Nahrung zu suchen pflegte. Als aber der Pfau darauf trat, zog sich die Schlinge nicht zusammen. Sieben Jahre lang verweilte der Jäger dort, ohne ihn fangen zu können; dann starb er dort. Auch die Königin Khema starb, als sie ihren Wunsch nicht erfüllt sah. Voll Zorn dachte der König: „Wegen des Pfaues ist meine Königin gestorben“; und er ließ die Worte: „In der Himalaya-Gegend ist der Goldstabberg; dort wohnt ein goldfarbener Pfau. Wer dessen Fleisch verzehrt, der altert nicht und stirbt nicht“, auf eine goldene Platte einmeißeln und die Platte in einer Lade niederlegen. — Als dieser König gestorben war, kam ein andrer König zur Regierung und las die Goldplatte. Er dachte: „Ich will nicht altern und nicht sterben“, und schickte einen andern Jäger dorthin. Auch dieser vermochte, als er dorthin kam, nicht, den Bodhisattva zu fangen, und starb an diesem Orte.

Auf diese Weise gingen sechs Könige nacheinander dahin. Als nun der siebente König zur Regierung kam, schickte auch er einen Jäger dorthin. Als dieser dorthin kam, merkte er, dass da, wo der Bodhisattva darauf trat, die Schlinge sich nicht zusammenzog, weil dieser sich einen Schutz gesichert hatte; und als er sah, dass jener sich nach seinem Futterplatz begeben hatte, stieg er in die Nachbarschaft des Berges hinab und fing ein Pfauenweibchen. Dieses richtete er ab, dass es nach dem Schlagen der Hände tanzte und nach dem Klappen der Finger schrie. Dann stellte er in der Frühe, bevor noch der Pfau seine Schutzanrufung vollzogen, die Schlingenstangen auf, befestigte die Schlingen daran und ließ das Pfauenweibchen schreien. Als der Pfau den charakteristischen Laut des Weibchens vernahm, wurde er von Lust erregt und ohne im Stande zu sein, seinen Schutz sich zu sichern, ging er hin und fing sich in der Schlinge. Darauf packte ihn der Jäger, ging zum König von Benares und übergab ihm den Pfau.

Als der König dessen Schönheitsfülle bemerkte, ließ er ihm hocherfreut einen Sitz geben. Nachdem der Bodhisattva sich auf dem bereiteten Sitze niedergelassen, fragte er: „O Großkönig, warum hast du mich fangen lassen?“ Jener antwortete: „Wer dein Fleisch isst, der altert nicht und stirbt nicht; um daher dein Fleisch zu verzehren und dadurch nicht dem Alter und dem Tode zu verfallen, ließ ich dich fangen.“ „O Großkönig, diejenigen, die mein Fleisch verzehren, sollen dem Alter und dem Tode nicht ausgesetzt sein, ich aber soll sterben?“ „Ja, du sollst sterben.“ „Wenn ich aber sterbe, was sollen denn diejenigen, die mein Fleisch verzehren, tun, dass sie nicht sterben?“ „Du bist goldfarbig; deshalb werden, die dein Fleisch verzehren, nicht altern und nicht sterben.“

Darauf sprach der Bodhisattva: „O Großkönig, ich bin nicht ohne Grund goldfarben geworden. Ehedem war ich in dieser Stadt ein weltbeherrschender König und beobachtete selbst die fünf Gebote, wie ich auch alle, die in diesem Zeitalter lebten, sie beobachten ließ. Nach meinem Tode wurde ich im Himmel der dreiunddreißig Götter wiedergeboren; und als ich dort, so lange es mir bestimmt war, gelebt hatte, starb ich und wurde zur Strafe für eine einzige üble Tat im Pfauengeschlechte wiedergeboren. Weil ich aber früher so treu die Gebote beobachtet hatte, wurde ich goldfarben geboren.“ Der König erwiderte: „Wie kannst du uns das beweisen, dass du ein weltbeherrschender König warst, die Gebote hieltest und zum Lohne für deine Tugend goldfarben wurdest? Hast du etwa einen Beweis dafür?“ „Ja, o Großkönig“, versetzte der Bodhisattva. „Welchen denn?“ „O Großkönig, zur Zeit, da ich ein weltbeherrschender König war, pflegte ich auf einem aus Edelsteinen gemachten Wagen sitzend in der Luft zu verweilen. Dieser Wagen ist unter dem Grunde des königlichen Lotosteiches vergraben. Lasse ihn aus dem königlichen Lotosteiche herausholen; er wird mein Zeuge sein.“

Der König gab mit dem Worte: „Gut“, seine Zustimmung, ließ aus dem Lotosteich das Wasser entfernen und den Wagen herausholen; und er glaubte dem Bodhisattva. Darauf sprach der Bodhisattva: „O Großkönig, mit Ausnahme des unendlichen großen Nirvana ist alles übrige durch Zusammensetzung entstanden, unbeständig, vergänglich, dem Verfall und dem Altern unterworfen.“ Nachdem er ihm so die Lehre erklärt, befestigte er den König in den fünf Geboten. Der König, befriedigt hiervon, ehrte den Bodhisattva durch Verleihung der Königswürde und erwies ihm große Ehrung. Dieser gab ihm die Königswürde zurück und blieb noch ein paar Tage dort; dann ermahnte er ihn: „Lasse nicht nach in deinem Streben, o Großkönig“, flog in die Luft empor und begab sich wieder nach dem Goldstabberge. Der König aber beharrte bei der Ermahnung des Bodhisattva, verrichtete gute Werke wie Almosen Geben u. dgl. und gelangte dann an den Ort seiner Verdienste.

[§C] Hover: Schlußworte und Auflösung

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt und die Wahrheiten erklärt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (Am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangte der unzufriedene Mönch zur Heiligkeit): „Damals war der König Ananda, der Goldpfau aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem Pfau

Anmerkungen:

1.

Damit sind die halbwilden Ureinwohner des Landes gemeint, die von der

Jagd lebten.

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de/tipitaka/sut/kn/j/j04/j159.txt · Zuletzt geändert: 2024/06/26 15:14 von Johann