5. Die Beziehung des Ehrw. Kassapas zum Erhabenen Buddha Die vorhergehenden Erzählungen haben schon gezeigt, daß da eine tiefe innere Beziehung zwischen dem Ehrw. Kassapa und dem Erhabenen Buddha war. Diese Beziehung hatte ihre Würzeln in deren vergangenen Leben. Entsprechend den Jataka-Erzählungen, war Kassapa mit dem Bodhisatta in neunzehn Existenzen, zumeist durch enge Familienbande, in Verbindung. Nicht weniger als sechs Mal, war der Ehrw. Kassapa des Bodhisattas Vater gewesen (J. 155, 432, 509, 513, 524, 540), zwei mal sein Bruder (J,488, 522), und oft sein Freund oder Lehrer. So es somit nicht deren erste Begegnung war, können wir nachvollziehen, warum solch eine unmittelbare und starke Hingabe, wie ganzherzige Widmung gegenüber dem Buddha, in Kassapas Herzen, mit dem ersten Anblick des Meister, aufkam.
Über Kassapas letztes Leben wird über viele Gespräche zwischen dem Buddha, und seinem großen Schüler, berichtet. Es geschah zu drei Begebenheiten, daß der Buddha zu ihm sprach: "Ermahnt die Mönche, Kassapa. Gebt ihnen eine Lehrrede über das Dhamma, Kassapa. Entweder ich, Kassapa, sollte die Mönche ermahnen, oder Ihr. Entweder ich, oder Ihr, sollte ihnen eine Lehrrede über das Dhamma geben" (S. 16.6). Diese Worte deuten auf eine hohe Anerkennung von Kassapas Fähigkeit zu lehren, den nicht jeder Arahat hat die Fahigkeit die Lehren gut und effektiv darzulegen.
Der Kommentar erhebt hier die Frage, warum es der Ehrw. Kassapa war, der vom Erhabenen Buddha auf gleiche Stufe, in dieser Beziehung, gestellt wurde, und nicht der Ehrw. Sariputta und der Ehrw. Maha Moggallana. Der Erhabene Buddha tat so, weil er wußte, daß der Ehrw. Sariputta und der Ehrw. Moggallana ihn nicht überleben wurden, doch der Ehrw. Kassapa würde. Es könnte auch so gewesen sein, daß beide, Sariputta und Maha Moggallana, zu dieser Zeit, nicht länger am Leben waren.
Auch wenn der Buddha des Ehrw. Kassapas Fähigkeiten als Darleger des Dhammas lobte, waren da drei Anläße, zu denen Kassapa scheute die Mönche einzuweisen, nachdem er vom Erhabenen Buddha gebeten wurde, dieses zu tun. Er lehnte nicht ab, weil er die Anstrengung und Störung mit dem Lehren meiden wollte, sondern weil er fand, daß diese gewissen jungen Mönche unempfänglich gegenüber seinen Ermahnungen wären.
Zu der ersten der drei Begebenheiten, sagte der Ehrw. Kassapa, daß es nun schwierig geworden sei, mit manchen Mönchen zu sprechen, sie waren Rat nicht zugeneigt, unfügsam und akzeptieren Ermahnungen nicht mit Respekt. Er hatte auch gehört, daß zwei Mönche über deren Geschick im Predigen prahlten, sagend: "Kommt, laßt uns sehen, wer reichhaltiger, anregender, und umfassender in Länge, predigen kann!" Als der Erhabene Buddha, vom Ehrw. Kassapa über dieses unterrichtet wurde, ließ er diese Mönche versammeln, und brachte sie zurück auf den Boden, sie dazu bringend, ihren unreifen Stolz aufzugeben (S 16.6). So können wir sehen, wie sich des Ehrw. Kassapas negative Berichterstattung, in etwas Vorteilhaftes für die Mönche wendete. Es wurde nicht dazu getan, einfach nur andere zu kritisieren.
Auch zur zweiten Begebenheit möchte der Ehrw. Kassapa die Mönche, die nicht zugeneigt für Ermahnungen, denen es an Vertrauen in Gutes fehlte, denen es an Scham und Angst vor Fehltun fehlte, kein Bestreben und Verständnis, gegenüber dem was gut ist, hatten, nicht anleiten.
Diese war eine Aussage über eine gewisse Art von Mönchen, ohne Bezug zu Einzelnen. Über diese Mönche sagte der Ehrw. Kassapa weiters, daß in deren Zustand des Verkommens, sie wie der abnehmende Mond sind, der täglich an Schönheit (Zuversicht), an Rundheit (Scham), an Glanz (Angst vor Fehltun) und Große (Weisheit) verlor (S. 16.7).
Auch zur dritten Begebenheit bat der Erhabene Buddha den Ehrwürdigen Kassapa, die Mönche zu instruieren, und Kassapa brachte sein Widerstreben, aus selben Grund wie zuvor, zum Ausdruck. Es erscheint auch dieses mal so, daß der Buddha Kassapa nicht drängte, es sich zu überlegen, und die Mönche zu ermahnen, sondern er sprach selbst über den Grund deren Verhaltens:
"Früher, Kassapa, waren da Ältere des Ordens, die Waldverweiler waren, von Almosenspeise lebten, Fetzenroben trugen, nur ein Dreierset an Roben benutzten, wenig Wünsche hatten und bescheiden waren, in Abgeschiedenheit, fern von Gesellschaft lebten, beharrlich, und solch Art des Lebens lobten und dazu ermutigten. Wenn solche ältere oder jungere Bhikkhus ein Kloster besuchten, waren sie erfreulich willkommen und geehrt, als der Ausübung des Dhammas gewidmet. Dann strebten jene, die so die ehrwürdigen Mönche begrüßten und ehrten danach in deren Art des Lebens nachzueifern, und dieses war von großem Nutzen für diese, für lange Zeit.
"Doch dieser Tage, Kassapa, sind jene, die geehrt werden, wenn ein Kloster besuchend, keine Mönche des entbehrlichen und gewissenhaften Lebens, sondern jede die gut bekannt sind und beliebt, und üppig mit den Grundlagen für einen Mönch versorgt sind. Jene wurden willkommen und geehrt gemacht, und deren Scharen versuchen sie nachzuahmen, was ihnen Schaden für lange Zeit bringen wird. So würde jemand recht haben, sagend, daß solche Mönche geschädigt und überkommen von jenem sind, welches eines Mönchs Leben Schaden bringt."
— nacherzählt aus S.16:8
Zu einem anderen Anlaß frage der Ehrw. Kassapa den Erhabenen Buddha: "Was ist der Grund, daß da früher weniger Regeln waren, doch mehr Mönche im Wissen der Arahatschaft eingerichter, während nun, wo da mehr Regeln sind weniger Mönche im Wissen der Arahatschaft eingerichtet sind?" Der Buddha erwiderte:
"So passiert es, Kassapa, wenn Lebewesen degenerieren und das wahre Dhamma verschwindet: dann werden da mehr Regeln und weniger Arahats sein. Doch da wird kein Verschwinden des wahren Dhammas sein, bis nicht ein gefälschtes Dhamma in der Welt aufkommt. Doch wenn ein gefälschtes Dhamma in der Welt aufkommt, werden da mehr Regeln und weniger Arahats sein.
"Doch, Kassapa, es ist nicht durch Katastrophen aus den vier Elementen, Erde, Wasser, Feuer und Luft, welches das Dhamma zum Verschwinden bringt. Noch ist der Grund für dessen Verschwinden gleich dem Überladen eines Schiffes, welches dieses Sinken verursacht. Es ist wegen der Anwesenheit von fünf schädlichen Eigenschaften, die das Verdunkeln und Verschwinden des Dhammas verursachen.
"Dieses sind die fünf: es ist das Fehlen von Respekt und Verehrung für den Buddha, das Dhamma, die Sangha, die Ausübungung und für meditative Konzentration, Seitens der Mönche und Nonnen, männlicher und weiblicher Laienanhänger. Doch solange da Respekt und Verehrung für diese fünf Dinge ist, wird das Dhamma frei von Verdunklung bleiben und nicht verschwinden."
— S.16:13
Es ist wert zu bemerken, daß entsprechend diesem Text, auch die männlichen und weiblichen Laienanhänger Erhalter des Dhammas sind. Wir mögen daraus schließen, daß selbst wenn das Dhamma unter den Mönchen in Vergessenheit geraten ist, es immer noch am Leben bleibt, wenn von Laien geehrt und ausgeübt. (Anm. des Übersetzers: dieses ist eine trübe, wenn auch aus den Umständen hervorkommende, laienhafte Auffassung, die natülich keine Unterstützung in den Lehren Buddhas findet.)
Andere Lehrreden im Kassapa Samyutta behandeln hauptsächlich des Ehrw. Maha Kasapas entbehrliche Art des Lebens, welches vom Erhabenen Buddha höchst gepriesen und empfohlen wurde. Doch zu einer Begebenheit erinnerte der Erhabene Buddha den Ehrw. Kassapa, daß er nun alt geworden sei, und er seine rauen, abgetragenen Fetzenroben zu tragen belastend empfinden müßte. Deshalb schlug der Erhabene Buddha vor, er solle nun Roben, dargeboten von Haushältern, tragen, auch deren Einladungen zu Almosendarbietungen annehmen, und nahe ihnen leben. Doch Kassapa antwortete: "Für lange Zeit war ich ein Waldverweiler, auf Almosenrunde gehend, Fetzenroben tragend, und solch ein Leben habe ich anderen empfohlen. Ich habe wenig Wünsche gehegt, zufrieden gelebt, abgeschieden, mich strenger Beharrlichkeit annehmend, und auch dieses habe ich anderen empfohlen."
Der Erhabene Buddha fragte: "Doch aus welchem Grund lebt ihr so?" Der Ehrwürdige Kassapa antwortete, daß er zwei Gründe hierfür hat: sein eigenes Wohlergehen, hier und jetzt, und sein Mitgefühl für spätere Generationen, welche, wenn über solch ein Leben hörend, es nachmachen würden. Dann sprach der Erhabene Buddha: "Gut gesprochen, Kassapa, gut gesprochen! Ihr habt für das Glück vieler gelebt, aus Mitgefühl für die Welt, für den Nutzen und das Wohlergehen von Göttern und Menschen. Ihr möget sodann Eure rauen Fetzenroben behalten, um Almosen gehen, und im Wald leben." (S. 16.5.)
"Dieser unser Kassapa", sagte der Buddha: "ist mit was immer für Roben, Almosenspeise, Unterkunft und Medizin, die er bekommt, zufrieden. Zum Zwecke dessen, wird er nicht irgend etwas tun, das unpassend für einen Mönch ist. Wenn er irgend eine dieser Grundlagen nicht erlangt, ist er nicht verstört, und wenn er sie erlangt, macht er nutzen davon, ohne an ihnen festzuhalten oder daran zu hängen, noch begeht er ein Vergehen, sich bewußt (möglicher) Gefahren und es als einen Ausweg (von körperlichem Elend) kennend. Mit dem Beispiel durch Kassapa, oder einem, der ihm gleich, werde ich Euch ermahnen, Mönche. So zurechtgewiesen, solltet ihr in selber Weise üben." (S. 16.1).
Der Erhabene Buddha bemerkte auch, daß der Ehrw. Kassapa ebenso Beispielhaft in seiner Beziehung zu Laien war. Wenn unter Familien auf Almosenrunde gehend, oder eingeladen, dachte er nicht erwünschend, daß Leute ihm Leute üppig geben mögen, und Dinge von Qualität, sie schnell und respektvoll reichen. Er hatte solche Gedanken nicht, sondern abgelöst wie der Mond, der sein mildes Licht aus der Ferne abgibt.
"Wenn Kassapa unter Familien geht, ist sein Geist nicht anhaftend, nicht gefangen, nicht gefesselt. Doch denkt er: 'Laße jene, die sich bereichern wollen, sich bereichern! Laße jene, die Verdienste tun wollen, Verdienste tun!' Er ist erfreud und froh über die Errungenschaften anderer, genau so, wie er erfreut und froh über seine eigenen Errungenschaften ist. Solch ein Mönch ist gerüstet, unter Familien zu gehen.
"Wenn er die Doktrine predigt, würde er dies nicht zum Zwecke von personlicher Anerkennung und Lob tun, sondern um sie über die Lehren des Erhabenen wissen zu lassen, sodaß jene, die sie hören sie annehmen mögen und ihnen entsprechend üben. Er würde wegen der Erhabenheit der Lehre predigen, und aus Mitgefühl und Verständnis."
— nacherzählt aus S.16:3,4
Doch die stärkste Anerkennung über des Ehrw. Maha Kassapas Errungenschaften, der höchste Lob, dem ihm der Erhabene Buddha gab, mag in einem Sutta gefunden werden, wo gesagt wird, daß der Ehrw. Kassapa, willentlich, gerade so wie der Erhabene Buddha selbst, die vier feinmateriellen und die vier nichtmateriellen meditativen Vertiefungen, die Beendigung von Vorstellung und Gefühl, erlangen konnte, wie auch die sechs übernatürlichen Wissen (abhinna), welche die übernatürlichen Kräfte beinhalten, und im Erlangen von Nibbana gipfeln (S.16.9). Hier erscheinen die machtvollen meditativen Erlangungen, gleich jenen des Buddhas, als ein auszeichnendes Merkmal von Maha Kassapas Geist. Es war aufgrund dieser tiefen meditativen Gestilltheit, daß er sich ungestört von allen äußeren Situationen, annehmen konnte, mit wenig Wünschen, materiell und sozial, zu leben.
In seinen Versen, erhalten in den "Versen der Älteren" (Theragatha), lobe der Ehrw. Maha Kassapa, wieder und wieder, den Frieden der Jhanas (meditative Vertiefung). Er war einer, der von Fülle zu Fülle ging. In seinem Laienleben lebte er in Reichhaltigkeit von Wohlstand und Harmonie. Als Mönch verweilte er in der Reichhaltigkeit von jhanischer Erfahrung, gefördert von seinem früheren Leben in der Brahma-Welt. Während er in manchen Texten sehr schwer zu seien erscheint, sollte uns das nicht dazu leiten, zu glauben, daß er von grober Natur war. Wenn er zu Anläßen andere mit strengen Worten tadelte, tat er dieses aus erzieherischem Grund, um ihnen zu helfen. Dieses soll dann speziell ersichtlich werden, wenn wir uns mit seiner Beziehung zum Ehrw. Ananda auseinander setzen.